1. Enthält ein Dopingmittel eine von der WADA gelistete Substanz wird es auch dann von § 2 AntiDopG (Anti-Doping-Gesetz) erfasst, wenn das Dopingmittel selbst nicht auf der WADA-Liste steht.
2. Für die Bestimmung des Strafrahmens und für die konkrete Strafzumessung ist es erforderlich, die Wirkstoffmenge jedes gehandelten Dopingmittel für sich festzustellen. Die Menge des gehandelten Wirkstoffs bestimmt die Gefährdung des unter anderem geschützten Rechtsguts der Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler (§ 1 AntiDopG).
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 19.05.2022 (3 StR 322/21) ein Urteil des Landgerichts Mönchengladbach teilweise aufgehoben. Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Dopingmitteln in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 17.080 € angeordnet. Dabei hat es aus Sicht des BGH versäumt, zu jedem der verurteilten Fälle die Wirkstoffmenge des gehandelten Dopingmittels zu bestimmen.
WADA-gelistete Substanz im Dopingmittel
Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b AntiDopG macht sich strafbar, wer entgegen § 2 Abs. 1 AntiDopG mit Dopingmitteln gewerbsmäßig Handel treibt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AntiDopG ist es verboten, mit einem Dopingmittel, das ein in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens vom 19. Oktober 2005 gegen Doping im Sport (BGBl. 2007 II S. 354, 355) in der vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat jeweils im Bundesgesetzblatt Teil II bekannt gemachten Fassung (Internationales Übereinkommen gegen Doping) aufgeführter Stoff ist oder einen solchen enthält, zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport Handel zu treiben.
[…] Mit Ausnahme von Fall […] trieb der Angeklagte in allen Fällen zumindest auch Handel mit Substanzen, die in den jeweils national bekannt gemachten WADA (Welt-Anti-Doping-Agentur)-Listen 2018 und 2019 enthalten waren. Zwar ist das im Fall […] ausschließlich inmitten stehende Testosteronenantat selbst nicht in der genannten Liste aufgeführt; jedoch enthält diese Substanz das dort gelistete Testosteron (s. dazu LG München I, Urteil vom 21. Februar 2020 – 9 KLs 384 Js 165441/18 [m.w.N.]). […]
Wirkstoffmengen müssen für jedes Dopingmittel gesondert festgestellt werden
Demgegenüber hat das Landgericht im Fall […] lediglich die Gesamtmenge der in dem Paket enthaltenen Substanzen bestimmt, ohne dabei zwischen den unterschiedlichen Wirkstoffen zu differenzieren. Dies ist nicht ausreichend, um nachvollziehen zu können, von welcher Gefährlichkeit der georderten Dopingmittel die Strafkammer ausgegangen ist. Dass schon die in der „WADA-Liste“ genannten „freien Verbindungen“ insoweit – zum Teil je nach Darreichungsform – differenziert zu beurteilen sind, ergibt sich aus den in der Dopingmittel-Mengen-Verordnung für die jeweilige nicht geringe Menge unterschiedlich festgesetzten Werten. Überdies handelt es sich nicht nur bei Testosteronenantat, sondern auch bei Trenbolonenantat um keine „freien Verbindungen“. Welchen Umrechnungsfaktor das Landgericht für Trenbolonenantat zugrunde gelegt hat, ist auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen.
Gleiches gilt für Fall […], in dem zwar für alle Substanzen die konkreten Mengen genannt werden. Ob und gegebenenfalls wie die Strafkammer für die zahlreichen chemischen Verbindungen (z.B. Nandrolondecanoat, Boldenon Undecylenat, Testosteron Sustanon etc.), die keine „freien Verbindungen“ darstellen, einen Umrechnungsfaktor bestimmt hat, ist jedoch nicht prüfbar. Überdies erschließt sich anhand der in den Urteilsgründen angegebenen „50.5023 mg“ nicht zweifelsfrei, in Besitz von wie viel Anastrozol der Angeklagte war. […]