Sie haben eine Anklage erhalten?
Hier finden Sie einen Überblick zum Strafverfahren.
Das Strafverfahren gliedert sich in verschiedene Phasen: Das Ermittlungsverfahren, Zwischenverfahren nach Erhebung der Anklage und das Hauptverfahren. Im Folgenden erläutere ich die verschiedenen Verfahrensstadien.
Ermittlungsverfahren
Das Ermittlungsverfahren wird von der Staatsanwaltschaft geführt, sobald der Verdacht besteht, dass eine Straftat begangen wurde. Ziel des Ermittlungsverfahrens ist es, den Sachverhalt zu ermitteln und Beweise zu sammeln, um festzustellen, ob eine Straftat wurde und nachgewiesen werden kann.
Im Ermittlungsverfahren stehen der Staatsanwaltschaft zur Sachverhaltsermittlung und Beweissicherung verschiedene Zwangsmaßnahmen zur Verfügung. Dazu gehören die Durchsuchung von Wohnungen oder Geschäftsräumen, Beschlagnahme von Gegenständen, Telefonüberwachungen aber auch die Festnahme des Beschuldigten und dessen Inhaftierung (Untersuchungshaft). Alle diese Maßnahmen greifen in die Grundrechte der Betroffenen ein. Sie müssen deshalb grundsätzlich richterlich angeordnet werden, zum Beispiel in einem Durchsuchungsbeschluss oder einem Haftbefehl. Findet also eine Hausdurchsuchung statt oder wird Untersuchungshaft vollstreckt, befindet sich das Strafverfahren im Stadium des Ermittlungsverfahrens.
In dieser Phase spielt der Strafverteidiger eine entscheidende Rolle, um die Rechte des Beschuldigten zu schützen und eine Verteidigungsstrategie zu entwickeln. Ausgangspunkt nahezu jedes Verteidigerhandelns ist die Akteneinsicht. Sie ermöglicht es dem Strafverteidiger, die durchgeführten Ermittlungen, die dabei gewonnen Beweise und die daraus abgeleiteten Annahmen und rechtlichen Würdigungen der Staatsanwaltschaft nachzuvollziehen. Mit Aktenkenntniss kann der Verteidiger entscheiden, wie er den Mandanten am effektivsten verteidigt und etwa Beweisanträge stellen oder entlastende Zeugen benennen.
Darüber hinaus kann der Verteidiger eine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgeben und dabei entlastende Beweise oder Argumente vorbringen, um den Sachverhalt in einem anderen Licht darzustellen. Eine gelungene Stellungnahme kann zur Einstellung des Verfahrens führen.
Gegen die erwähnten Zwangsmaßnahmen stehen dem Beschuldigten Rechtsmittel zur Verfügung. Dazu gehört die Beschwerde (§ 304 StPO), die beispielsweise gegen einen Haftbefehl Aussicht auf Erfolg hat, wenn die Untersuchungshaft unverhältnismäßig ist. Erfolgt die Maßnahme ohne richterliche Anordnung, was gelegentlich bei Wohnungsdurchsuchungen der Fall ist, kann der Verteidiger die gerichtliche Überprüfung beantragen, um die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung nachträglich überprüfen zu lassen. Erfolgreiche Rechtsmittel können zur Aufhebung der Maßnahmen oder zur Unverwertbarkeit der gewonnenen Beweise führen.
Am Ende des Ermittlungsverfahrens prüft die Staatsanwaltschaft, ob genügend Beweise vorliegen, um eine Straftat nachzuweisen. Ist dies der Fall, verfasst sie eine Anklage oder beantragt einen Strafbefehl. Der Strafverteidiger bereitet in diesem Fall seinen Mandanten auf die nächste Verfahrensphase vor, um eine angemessene Verteidigung vor Gericht zu gewährleisten. Sollte die Beweislage jedoch nicht ausreichen, kann das Verfahren auch eingestellt werden.
Zwischenverfahren nach Erhebung der Anklage
Wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt und an das Gericht übermittelt, endet das Ermittlungsverfahren und damit ihre Zuständigkeit. Es obliegt dann dem Gericht, über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden. Anhand der vorgelegten Anklageschrift und der damit übermittelten Akten prüft der Richter, ob er zuständig ist und hinreichender Tatverdacht besteht. Wenn das der Fall ist, eröffnet er das Hauptverfahren.
Bevor der Richter diese Entscheidung trifft, erhält die beschuldigte Person die Gelegenheit, sich zur Anklageschrift zu äußern. Sie kann also Stellung nehmen und mitteilen, ob sie Beweiserhebungen beantragt oder Einwendungen gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens erhebt. Diese Möglichkeit der Stellungnahme ist ein wesentlicher Teil des Zwischenverfahrens, da sie dem Beschuldigten die Chance gibt, die Beweislage zu beeinflussen oder formelle Bedenken gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens geltend zu machen.
Das Zwischenverfahren dient also als eine Art Filter, um unbegründete Anklagen auszusortieren und nur solche Verfahren in das Hauptverfahren zu überführen, die eine hinreichende Wahrscheinlichkeit auf Verurteilung bieten. Entscheidet der Richter, die Anklage zuzulassen, wird das Hauptverfahren eröffnet. Lehnt er die Eröffnung jedoch ab, schickt er die Anklage samt der Akten an die Staatsanwaltschaft zurück. Das Verfahren ist dann wieder im Ermittlungsverfahren.
In Fällen der notwendigen Verteidigung hat der Beschuldigte im Zwischenverfahren auch die Gelegenheit einen Pflichtverteidiger zu benennen.
Strafbefehl
Die Staatsanwaltschaft kann statt Anklage zu erheben einen Strafbefehl beantragen, wenn die Beweislage eindeutig und nicht zu erwarten ist, dass der Beschuldigte den Vorwurf bestreitet. Dann entscheidet der Richter im Zwischenverfahren nicht über die Eröffnung des Hauptverfahrens, sondern darüber, ob er den Strafbefehl gegen den Betroffenen erlässt.
Der Strafbefehl ist ein vereinfachtes Verfahren im Strafrecht, mit dem Straftaten der leichten bis mittleren Kriminalität (Vergehen) ohne Gerichtsverhandlung geahndet werden können. In den meisten Fällen wird im Strafbefehl eine Geldstrafe ausgesprochen. Hat der Beschuldigte einen Verteidiger kann er mit einem Strafbefehl auch zu einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahre zur Bewährung verurteilt werden.
Der Beschuldigte hat die Möglichkeit, gegen den Strafbefehl innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung an ihn Einspruch einzulegen. In diesem Fall kommt es dann zu einer Gerichtsverhandlung. Legt er keinen Einspruch ein, wird der Strafbefehl rechtskräftig und wirkt wie ein Urteil.
Hauptverfahren
Im Hauptverfahren, das nach Zulassung der Anklage durch das Gericht an das Zwischenverfahren anschließt, findet der eigentliche Strafprozess statt. Das zuständige Gericht bestimmt einen oder mehrere Termine für die Hauptverhandlung, zu denen der Betroffene als Angeklagter geladen wird. Innerhalb der Hauptverhandlung findet die Beweisaufnahme statt; unter anderem werden Zeugen vernommen. Die Hauptverhandlung endet mit der Verkündung des Urteils oder der Einstellung des Verfahrens
Im Falle einer Verurteilung wird die Strafvollstreckung – Forderung der Geldstrafe oder Vollstreckung einer Freiheitsstrafe – durch die Staatsanwaltschaft betrieben.
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In jeder dieser Phasen, insbesondere im Ermittlungsverfahren aber auch im Zwischenverfahren und in der Hauptverhandlung sowieso, kann ein engagierter Strafverteidiger die Interessen des Betroffenen effektiv wahrnehmen. Dabei gilt: Je früher Sie sich beraten lassen, desto besser. Eine engagierte Strafverteidigung kann die Vorwürfe oft schon im Ermittlungsverfahren begrenzen oder das Verfahren zur Einstellung bringen.
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Wenn Sie Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren sind, ein Strafbefehl gegen Sie ergangen ist oder bereits Anklage erhoben wurde, sollten Sie so schnell wie möglich einen Termin vereinbaren!