Ablauf des Strafbefehlsverfahrens – Schritt für Schritt erklärt
Einleitung: Post vom Amtsgericht
Sie haben zwar mal vor vielen Wochen ein Schreiben der Polizei bekommen, danach aber nie wieder was von der Sache gehört. Hatte sich die Sache denn nicht erledigt? Dass nun plötzlich ein Strafbefehl vom Amtsgericht Tiergarten im Briefkasten liegt, überrascht Sie deshalb. Hätten Sie da vorher nicht noch einmal vom Gericht angehört werden müssen, bevor Sie bestraft werden? Die Antwort darauf lautet: Nein.
Das liegt daran, dass das Strafbefehlsverfahren ein kurzes schriftliches Strafverfahren ist. Es soll aus Sicht der Staatsanwaltschaft und des Gerichts einfache Strafsachen ohne Hauptverhandlung erledigen. Das muss nicht immer ein Nachteil für Sie als Betroffener sein, ist es im Zweifelsfall aber.
Ihr Rechtsanwalt für Strafrecht in Berlin erklärt, wie dieses Verfahren abläuft und was Sie wissen müssen, wenn Sie einen Strafbefehl erhalten.
1. Ermittlungsverfahren – wie es zum Strafbefehl kommt
Zunächst ermittelt die Staatsanwaltschaft (und für sie die Polizei). Wenn die Beweise eindeutig sind und es sich nur um ein Vergehen handelt, kann sie entscheiden:
„Eine Hauptverhandlung ist nicht nötig. Wir beantragen einen Strafbefehl.“
Innerhalb des Ermittlungsverfahrens, bevor die oben skizzierte Entscheidung von der Staatsanwaltschaft getroffen wurde, wurde der Eingangs erwähnte Brief der Polizei verschickt, mit dem der Beschuldigte die Gelegenheit bekam, sich zu den Vorwürfen zu äußern.
Hinweis am Rande: Schon im Ermittlungsverfahren, bestenfalls nachdem der Beschuldigte das erste Schreiben der Polizei erhalten hat, kann ein Strafverteidiger in Berlin tätig werden: Je früher desto besser kann der Strafverteidiger versuchen, Einfluss auf die Abschlussentscheidung der Staatsanwaltschaft nehmen und im besten Fall vermeiden, dass ein Strafbefehl überhaupt erlassen wird.
2. Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Strafbefehls
Den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls stellt die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht. Er enthält:
- Ihre Personendaten,
- den Tatvorwurf mit rechtlicher Bewertung,
- die beantragte Strafe (z. B. Geldstrafe, Fahrverbot).
Mit diesem Antrag wird das Ermittlungsverfahren abgeschlossen und öffentliche Klage erhoben und das Verfahren beim Amtsgericht anhängig gemacht.
3. Entscheidung des Richters
Der Richter prüft den Antrag und die Akten darauf, ob
- ein hinreichender Tatverdacht besteht,
- die Strafe rechtlich zulässig ist und
- keine Bedenken gegen den Antrag bestehen.
Diese Fragen beantwortet der Richter ausschließlich anhand der Akte, durch Bewertung der Ermittlungsergebnisse und zwar wie erwähnt, ohne dass Sie angehört werden.
Hat der Richter keine Bedenken, erlässt er den Strafbefehl. Bei Zweifeln setzt er stattdessen eine Hauptverhandlung an oder lehnt den Antrag ab.
4. Inhalt des Strafbefehls
Ein Strafbefehl enthält:
- Angaben zur Person,
- Tatbeschreibung (Tatzeit, Tatort, Tatvorwurf),
- angewendete Paragraphen,
- Beweismittel,
- festgesetzte Strafe,
- Belehrung über den Einspruch.
Besonders wichtig:
Sie haben 14 Tage ab Zustellung Zeit, Einspruch einzulegen.
5. Zustellung des Strafbefehls
Der Strafbefehl wird förmlich per Post zugestellt.
Mit der Zustellung beginnt die Einspruchsfrist.
Maßgeblich ist das Datum der Zustellung, nicht wann Sie den Brief tatsächlich lesen. Dieses Datum wird vom Zusteller auf dem Umschlag notiert. Dort können Sie es ablesen und die Frist berechnen.
Sind Sie im Urlaub oder krank, läuft die Frist trotzdem weiter – lassen Sie den Brief daher unverzüglich prüfen.
6. Einspruch gegen den Strafbefehl
Der Einspruch kann
- schriftlich oder
- zu Protokoll der Geschäftsstelle
eingelegt werden.
Er kann sich auf das ganze Urteil oder nur auf bestimmte Punkte beziehen, z. B. die Höhe der Tagessätze.
Wird kein Einspruch eingelegt, wird der Strafbefehl rechtskräftig und steht einem Urteil gleich.
Praxis-Tipp: Ein Anwalt kann innerhalb der Frist Akteneinsicht beantragen und gezielt entscheiden, ob sich der Einspruch lohnt. Es spricht aber auch nichts dagegen, dass Sie selbst Einspruch einlegen und erst danach einen Strafverteidiger mit der Prüfung des Einspruchs beauftragen. Tun Sie das immer, wenn die Frist ansonsten abzulaufen droht. Sie müssen den Einspruch nicht begründen.
Wie Sie selbst Einspruch gegen einen Strafbefehl einlegen, erfahren Sie hier.
7. Hauptverhandlung nach Einspruch
Nach dem Einspruch beraumt das Gericht eine Hauptverhandlung an. Hier haben Sie Gelegenheit sich zu verteidigen. Es werden Beweise geprüft, Zeugen gehört und danach die Strafe festgesetzt.
Das Gericht ist dabei nicht an die im Strafbefehl festgesetzte Strafe gebunden. Es kann die Strafe also senken oder erhöhen.
Das Verfahren kann ohne Hauptverhandlung per Beschluss beendet werden, wenn sich der Einspruch nur auf die Höhe der Tagessätze bezieht.
8. Abschluss des Verfahrens
Das Verfahren endet:
- mit einem rechtskräftigen Strafbefehl,
- mit einem Urteil nach Einspruch und Hauptverhandlung oder
- mit einer Einstellung.
Nach Rechtskraft wird die Strafe vollstreckt – etwa durch Zahlungsaufforderung oder Mitteilung an das Kraftfahrt-Bundesamt.
9. Fazit: Schnelles Verfahren, aber riskant für Sie
Das Strafbefehlsverfahren ist praktisch für die Justiz, die damit Verfahren zügig und effizient erledigt. Für die Betroffenen führt es dabei oft zu einer Verurteilung ohne Anhörung und ohne Verteidigung.
Deshalb:
Verhindern Sie, dass der Strafbefehl rechtskräftig wird, lassen Sie ihn sofort anwaltlich prüfen.
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